Geschichte


Was verwirrend klingt, nämlich die Rassebezeichnung dieser Pferde, lässt sich anhand der Geschichte  leicht erklären. 1803 kaufte Seine Kaiserliche Hoheit Erzherzog Ferdinand von Modena-Este die Herrschaft Sárvár in Westungarn. Das Kurstädtchen Sárvár liegt an der Hauptverbindung zwischen dem Grenzübergang Sopron und dem Plattensee, etwa auf halber Strecke. Hier ordnete man Anfang des 19. Jahrhunderts die bestehende ländliche Pferdezucht zu einem straff organisierten Gestütsbetrieb.






Turnier Wiesbaden 1951 (1.Preis)







Leutstettener Zuchtgeschichte


Was verwirrend klingt, nämlich die Rassebezeichnung dieser Pferde, lässt sich anhand der Geschichten leicht erklären: 1803 kaufte Seine Kaiserliche Hoheit Erzherzog Ferdinand von Modena-Este die Herrschaft Sárvár in Westungarn. Das Kurstädtchen Sárvár liegt an der Hauptverbindung zwischen dem Grenzübergang Sopron und dem Plattensee, etwa auf halber Strecke. Hier ordnete man Anfang des 19. Jahrhunderts die bestehende ländliche Pferdezucht zu einem straff organisierten Gestütsbetrieb.


Seit 1816 werden die Gestütsbücher genauestens geführt, woraus unter anderem hervorgeht, dafl damals schon zahlreiche Pferde in den erzherzoglichen Marstall nach Wien geliefert wurden - ein Zeichen für die sehr hohe Qualität der Pferde.


Entstehung des Stutenstammes


Um diesem hohen Anspruch gerecht zu werden, war man bestrebt das beste Mutterstutenmaterial aus den europäischen Zuchten anzukaufen. So importierte man Stuten aus Mecklenburg und England, sowie aus Mezöhegyes, ungarischen Privatgestüten und später auch aus Trakehnen. Jedoch genügten der scharfen Selektion auf Dauer nur Nachkommen dreier Mutterstuten: eine 1826 aus Matjushaza gebrachte Stute, HELENA eine englische Stute (wahrscheinlich eine Vollblutstute, deren Pedigree sich aber nicht ganz klären liess und deshalb als Halbblut geführt wurde) und BOGAR die aus Mähren stammte.

Seit 1830 war das Gestüt in Bezug auf Mutterstuten vollkommen selbständig, was bedeutet, dass noch heute jedes Sárvárer / Leutstettener Pferd sich lückenlos auf HELENA und BOGAR zurückzuführen ist. Die dritte Stutenlinie ist ausgestorben.
















Entstehung der Hengstlinien


In der ersten Hälfte des 19. Jh. hatten in Sárvár Hengste der Noniusrasse (eine auf den Normannen NONIUS SENIOR zurückgehende Rasse) Einfluss. Danach wurden sehr kräftige Araber-Halbbluthengste (v.a. Shagya und Angloaraber) als Veredler verwendet. Die in Mezöhegyes aus den beiden Vollblütern FURIOSO und NORTH STAR entwickelte Rasse hatte ab den 1870-iger Jahren die prägendste Bedeutung, neben Vollbluthengsten bester europäischer Abstammung. So zählt man heutzutage das Sárvárer/Leutstettener Pferd zur Rasse Furioso-North Star, wobei sowohl in Sárvár, als auch in Leutstetten immer auf einen höheren Vollblutanteil Wert gelegt wurde, als in der ungarischen Landeszucht.

Die folgenden historischen Bilder dokumentieren beispielhaft den hohen Qualitätsanspruch an die Beschäler in Sárvár zu Beginn des 20. Jh.

























Als moderner Vertreter wirkt der hervorragende Luciano xx (db. H. *1964 v. Henry the Seventh a.d. Light Arctic) über seinen Sohn Meteorit xx auf die Leutstettener Zucht. Aus England importiert gewann er 10 Rennen bei 14 Starts, unter anderem das Deutsche Derby, das Union Rennen und das St. Leger. Als Deckhengst stand er im Gestüt Harzburg und bewährte sich als bedeutender Vererber. Er konnte sich Jahre über seinen Tod hinaus in der Spitzengruppe deutscher Vollbluthengste behaupten, vor allem als Vater erfolgreicher Mutterstuten. Viele seiner Enkelkinder in Leutstetten sind ihm "wie aus dem Gesicht geschnitten".















                                                             












LUCIANO xx



1875 ging das Gut Sárvár durch Erbschaft in den Besitz Ihrer Königlichen Hoheit, Frau Prinzessin Ludwig von Bayern, geb. Erzherzogin von Österreich-Este über. Seitdem befinden sich die Sárvárer Pferde in bayrischem Besitz.


1887 wurde der einflussreichste Gestütsdirektor Sárvárs, Major Otto Byschl mit der Leitung des Betriebes betraut. Er sollte bis Ende des II. Weltkrieges mit kundiger Hand und hervorragendem Fachwissen das Gestüt betreuen. Vor allem lehrte er den heranwachsenden Prinz Ludwig von Bayern vieles aus der Pferdezucht und über das Gestütswesen der damaligen Zeit.




















                                                                   Káld


Der grosse 200m lange Aussenhof in Káld, erbaut 1899-1900, der als Mutterstutenstall und zur Aufzucht der Jungstuten verwendet wurde und das Schloss Sárvár.


Flucht in den Westen:

Bei Einmarsch der Russen im Frühjahr 1945 müsste das Gestüt in Sicherheit gebracht werden und trat eine beschwerliche Flucht an. Die Mutterstutenherde konnte rechtzeitig per Bahn in den Westen geschickt werden, um auf dem Wittelsbacher Besitz Leutstetten bei Starnberg eine neue Bleibe zu finden. Ein Treck bestehend aus sechzehn Gespannen, beladen mit einiger Habe und dem Personal des Gutes folgte auf die Reise in den Westen, um drei Wochen später Leutstetten zu erreichen. Unter Prinz Ludwigs Führung gelang die Flucht fast ohne Verluste und man konnte sogar zwei jüdische Flüchtlinge in Sicherheit bringen.


Das Gut Leutstetten bei Starnberg im Süden Münchens war als Wittelsbacher Besitz immer schon landwirtschaftlicher Betrieb mit Pferdezucht. Die zugehörigen Betriebe Gut Schwaige und Gut Rieden gehörten als Milchviehhaltungen zu den fortschrittlichsten ihrer Zeit, da König Ludwig III. („Da Millibauer") die Bedeutung vorbildlicher Betriebe erkannt hatte und sich gerne von seinen Regierungsgeschäften in Leutstetten erholte. Die Stallungen in Leutstetten beherbergte die königl. bayr. Vollblutzucht, die später von der Stadt München weitergeführt wurde. Während des Dritten Reichs hatte sich der Nationalsozialist und Gründer der SS in München, Christian Weber in Leutstetten niedergelassen. Daher müssten die Sárvárer Gestütspferde zunächst in Scheunen untergebracht werden, bis man die Stallungen zurückerwerben konnte. Bald jedoch kehrte die Routine wieder ein und trotz anfänglich schwerer Jahre fanden die Sárvárer Pferde in Leutstetten ihre neue Heimat.


1980 gingen auf Anfrage des ungarischen Staates fünfzig Pferde, Mutterstuten und zwei Hengste, in das Gestüt Pusztabereny bei Balatonfenyves am Plattensee. Diese Pferde nahmen durch ihre reine Blutführung und typtreue Vererbung grossen Einflufl auf die ungarische Furioso Zucht. So stammen heute noch zahlreiche der ca. sechzig gekörten ungarischen Furioso-North Star Hengste aus Leutstettener Linien.

2006 fand eine einschneidende Veränderung in Leutstetten statt: Das Gestüt in seiner bisherigen Form musste aufgelöst werden. Übers Jahr wurden alle Pferde, entweder verkauft oder gingen an interessierte Züchter, um die Rasse weiter zu erhalten.

Nun ist es zum ersten mal in der Geschichte der Leutstettener Pferde vom Engagement einzelner Privatpersonen abhängig, diese Zucht in ihrer bestehenden Qualität fortzuführen.


Das Leutstettener Brandzeichen, das Sárvárer S mit Königskrone wird nach wie vor das Markenzeichen der Rasse bleiben. Allerdings ist es nach den EU-Tierschutzbestimmungen nicht mehr gestattet ein Brandzeichen in der Sattellage anzubringen. Daher wurde, auch um den Schnitt der Gestütsauflösung und damit den Übergang in die dezentralisierte Zucht durch einzelne Züchter zu kennzeichnen, 2007 der erste Fohlenjahrgang auf dem linken Hinterschenkel mit dem Leutstettener Brand und Lebensnummer gekennzeichnet.


Da idealistische Besitzer für die wertvollen Zuchtstuten gefunden werden konnten, besteht die Hoffnung, dass diese Rasse, den traditionellen Zuchtprinzipien folgend, erhalten bleiben kann.


Der Leutstettener